In vielen Fällen helfen bei einem Reizmagen eine Ernährungsumstellung oder Heilpflanzen wie Artischocke, Gelbwurz und Pfefferminze sowie Medikamente. Hier bekommst du alle wichtigen Informationen zur Therapie sowie hilfreiche Tipps für den Alltag.
Was ist ein Reizmagen?
Der Reizmagen oder das Reizmagensyndrom wird von Mediziner:innen auch als funktionelle Dyspepsie (FD) bezeichnet. Der Begriff Dyspepsie stammt vom griechischen Wort “dispepsía“ und bedeutet übersetzt “Fehlverdauung“. Die funktionelle Störung geht mit Beschwerden im Oberbauch wie Übersäuerung, Druck- und Völlegefühl einher.
In Deutschland leiden etwa 30 Prozent der Menschen unter einem Reizmagen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Sowohl das Reizmagensyndrom als auch der Reizdarm zählen zu den häufigsten funktionellen Störungen des Verdauungstraktes in westlichen Industrieländern.
Als funktionelle Störung ist der Reizmagen wie auch der Reizdarm eine Ausschlussdiagnose. Das bedeutet, dass viele andere Erkrankungen im Magen-Darm-Trakt, die ähnliche Symptome aufweisen, zuerst ausgeschlossen werden müssen. Erst dann kann die Diagnose Reizmagen gestellt werden.
Gastroenterolog:innen unterscheiden zwei Formen des Reizmagens:
- Postprandiales Distress-Syndrom (PDS): Hierbei handelt es sich um eine Symptomatik, die im Zusammenhang mit dem Essen auftritt (z. B. vorzeitiges Sättigungsgefühl und Völlegefühl). PDS kommt bei einem Reizmagen an mindestens drei Tagen in der Woche auf.
- Epigastrisches Schmerzsyndrom (EPS): Das Syndrom mit Schmerzen und Brennen im Oberbauch kann zu jeder Zeit und unabhängig von den Mahlzeiten im Rahmen eines Reizmagens auftreten, mindestens aber an einem Tag in der Woche.
Reizmagen: Ursachen, Auslöser und Risikofaktoren
Für einen Reizmagen werden verschiedene mögliche Ursachen vermutet. Dazu gehören Faktoren wie z. B. eine erhöhte Salzsäureproduktion im Magen, eine Infektion durch Helicobacter pylori oder eine chronische Gastritis. Auch ein Zusammenhang zwischen einem Reizmagen und Allergien oder Nahrungsmittelintoleranzen wird diskutiert. Die möglichen Ursachen und Auslöser im Überblick:
- Genetische Faktoren
- Funktionsstörungen des Magens, z. B. eine gestörte Magenbeweglichkeit
- Helicobacter pylori löst eine bestimmte Form der Magenschleimhautentzündung (Gastritis) aus, die wiederum zu einem Reizmagen beitragen kann
- Allergien und Nahrungsmittelintoleranzen
- Ungesunde Ernährungsgewohnheiten
- Medikamente, z.B. Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure (ASS) und nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)
- Psychische Faktoren, z. B. Konflikte, seelische Anspannungen, Unruhe oder psychische Störungen wie Ängste und Depressionen
- Enterisches Nervensystem (Bauchhirn) mit Wechselwirkung zwischen Magen und Psyche
Reizmagen: Symptome und Begleitsymptome
Die Leitsymptome eines Reizmagens sind ein Völlegefühl und frühzeitiges Sättigungsgefühl nach dem Essen, Appetitlosigkeit, Schmerzen oder Brennen im Oberbauch, Übelkeit und gelegentliches Erbrechen. Sie treten bei jedem Menschen individuell verschieden auf – ein einheitliches Krankheitsbild gibt es nicht. Die Schmerzen und das Brennen im Oberbauch können unabhängig von der Nahrungsaufnahme auftreten.
Beschwerden wie Aufstoßen oder Sodbrennen gehören nicht zu den typischen Leitsymptomen eines Reizmagens, können aber begleitend auftreten. Auch andere Beschwerden – außerhalb des Magen-Darm-Trakts – können einen Reizmagen begleiten:
- Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Nervosität
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Schlafstörungen
- Schweißneigung
- Funktionelle Kreislaufbeschwerden
- Herzstiche
- Rückenschmerzen
- Gelenkschmerzen
- Psychische Störungen wie Ängste und Depressionen
Interessant: Im Rahmen der Erkrankung kann außerdem auch ein Reizdarmsyndrom entstehen. In diesem Fall können zusätzliche Symptome wie Bauchschmerzen nach dem Stuhlgang, vermehrte Gasansammlung im Darm, Durchfall, Verstopfung und / oder Blähungen auftreten.
Blähungen: Wann zum Arzt oder zur Ärztin?
Halten die Reizmagen-Symptome über mehrere Tage an, sind sie sehr ausgeprägt oder treten sie in regelmäßigen Abständen immer wieder auf, solltest du einen Arzt oder eine Ärztin konsultieren. So können mögliche organische Erkrankungen frühzeitig erkannt oder ausgeschlossen und eine entsprechende Therapie eingeleitet werden.
Auch wenn sich zu den Reizmagen-Symptomen sogenannte Alarmsymptome gesellen, sollten diese in einer Arztpraxis abgeklärt werden. Zu den Alarmsymptomen gehören:
- Falls die Beschwerden erstmalig bei Personen über 40 Jahren auftreten
Sehr starke Schmerzen, Sofortschmerz nach Nahrungsaufnahme - Nächtliche Reizmagen-Beschwerden
- Bluterbrechen
- Blut im Stuhl
- Ausgeprägte Schluckstörungen
- Ungewollte Gewichtsabnahme (ohne Ernährungsumstellung)
- Unklares Fieber
Reizmagen: Diagnose
Symptome wie Schmerzen, Druck- und Völlegefühl im Oberbauch, Übelkeit und Erbrechen, Sättigungsgefühl und Blähungen können oft im Rahmen einer Erkrankung des Magen-Darm-Trakts oder auch in anderen Körpersystemen auftreten. Erkrankungen wie Magenschleimhautentzündungen und Magengeschwüre, bösartige Tumoren im Magen und Speiseröhre oder auch Erkrankungen der Gallenwege, Leber und des Darms müssen ausgeschlossen werden, bevor die Diagnose Reizmagen durch erfahrene Gastroenterolog:innen gestellt werden kann.
Eine körperliche Untersuchung, Labortests wie Blut- und Stuhluntersuchungen sowie bildgebende Verfahren wie z. B. Ultraschalluntersuchungen (Sonografie) und eine Magenspiegelung (Gastroskopie) können dann zum Einsatz kommen. Zudem müssen folgende Kriterien bei der Diagnose Reizmagen oder funktionelle Dyspepsie erfüllt sein:
- Typische Beschwerden des Reizmagens bestehen seit mehr als zwölf Wochen.
- Es liegen keine organischen Ursachen, z. B. Magengeschwüre oder Entzündungen für die Beschwerden vor.
Reizmagen: Therapie
Die Ziele der schulmedizinischen Therapie sind die Linderung der typischen Reizmagen-Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität. Zu den Therapiebausteinen gehören neben allgemeinen Maßnahmen im Alltag, eine medikamentöse Behandlung gegen die Beschwerden und möglicherweise eine begleitende Psychotherapie. Die Therapie kann auch eine Umstellung der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten umfassen.
Medikamentöse Behandlung des Reizmagens
Die medikamentöse Behandlung des Reizmagens ist in erster Linie eine rein symptomatische Therapie, denn die funktionelle Störung im Magen kann nicht durch Medikamente aufgehoben werden.
- Antibiotika, wenn eine Infektion durch das Bakterium Helicobacter pylori ursächlich für die funktionale Dyspepsie ist.
- Pflanzliche Arzneimittel (z. B. Iberogast) bei funktionellen und motilitätsbedingten Störungen im Magen-Darm-Trakt zur Linderung der Reizmagen-Symptome.
- Antidepressiva, wenn psychische Belastungen (z. B. Depressionen, Angststörungen) einen Reizmagen auslösen.
- Säurehemmende Medikamente: Protonenpumpenhemmer (PPI) oder H2-Blocker bewirken, dass der Magen weniger Säure produziert. Beide sind nicht für die Behandlung eines Reizmagens zugelassen, sondern nur für andere säurebedingte Krankheitsbilder (z.B. Refluxkrankheit, Magengeschwüre). Eine Einnahme erfolgt aber im “Off-Label-Use” (Medikament hat für diese Erkrankung keine Zulassung).
- Gut zu wissen: Medikamente wie nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac oder Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure (ASS) sollten bei einem Reizmagen aufgrund der magenschädigenden Nebenwirkungen möglichst nicht regelmäßig eingenommen werden.
Ernährung bei Reizmagen
Auslöser für einen Reizmagen kann eine falsche oder ungesunde Ernährung sein. Oft sorgt eine Ernährungsumstellung für die Linderung der Beschwerden. Diese Tipps verhelfen zu einer magenfreundlichen Ernährungsweise:
- Regelmäßige Einnahme von Mahlzeiten.
- Verzehr von mehreren kleinen Mahlzeiten über den Tag verteilt.
- Leicht bekömmliche statt blähende Speisen und Nahrungsmittel bevorzugen.
- Speisen nicht zu stark und zu scharf würzen, wenig Salz verwenden.
- Ausreichend Flüssigkeit (Kräutertees oder Wasser) trinken (2 Liter pro Tag).
- Möglichst auf Fett, Zucker, Alkohol, Kaffee, Nikotin und schwarzen Tee verzichten.
- Mahlzeiten in ruhiger Atmosphäre genießen und gründlich kauen, denn die Verdauung beginnt bereits im Mund.
Für eine Ernährungsumstellung bei einem Reizmagensyndrom ist eine fachliche Beratung durch gut ausgebildete Ernährungsberater:innen empfehlenswert. Hilfreich ist auch das Führen eines Ernährungstagebuchs. So kannst du feststellen, welche Nahrungsmittel und Lebensumstände die Magenbeschwerden auslösen oder verschlimmern.
Heilpflanzen bei Reizmagen
Im Bereich der Phytotherapie können bei einem Reizmagen Tee-Zubereitungen aus Heilpflanzen Linderung verschaffen. Wichtige Heilpflanzen sind Artischocke, Gelbwurz und Pfefferminze. Aber auch Kümmelöl, Wermut, Enzian, Angelikawurzel, Kamille und Melisse wirken sich positiv auf die Beschwerden aus.
- Artischocke (Cynara scolymus): Die Kommission E (Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte) und ESCOP (Europäischer Dachverband der nationalen Gesellschaften für Phytotherapie) empfehlen die innerliche Anwendung von Artischocken-Präparaten bei Verdauungsbeschwerden (dyspeptischen Beschwerden) und Störungen des Fettstoffwechsels.
- Gelbwurz (Curcuma longa): Die Kommission E und ESCOP empfehlen die Anwendung der Gelbwurzel allgemein bei Verdauungsbeschwerden.
- Pfefferminze (Mentha piperita): Die Kommission E und ESCOP befürworten die Anwendung von Pfefferminzblättern und Pfefferminzöl u. a. zur symptomatischen Behandlung von Verdauungsstörungen, Blähungen und Magenschleimhautentzündungen.
Hausmittel und Tipps für den Alltag bei einem Reizmagen
Du kannst viele Maßnahmen im Alltag ergreifen, um Reizmagen-Symptome positiv zu beeinflussen und die Lebensqualität zu steigern:
- Ob Spaziergänge oder sportliche Aktivitäten: ausreichend Bewegung an der frischen Luft tut der Verdauung und Stimmung gut und baut zudem Stress ab.
- Eine gute Schlafhygiene und Schlafqualität tragen zu einer ausgeglichenen Lebensweise bei.
- Entspannungsmethoden zur Stressbewältigung helfen bei einem Reizmagen, wenn Stress und auch psychische Belastungen die Auslöser der Beschwerden sind. Bewährt haben sich u. a. Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Yoga, Achtsamkeit (MBSR), Tai-Chi, Qigong.
- Wärmeanwendungen wie feuchtwarme Umschläge, Wärmflaschen oder Kirschkernkissen für den Oberbauch lindern Schmerzen und beruhigen den Magen.
- Eine begleitende Psychotherapie, z. B. eine kognitive Verhaltenstherapie, kann bei einem Reizmagen helfen, wenn die Lebensqualität deutlich eingeschränkt ist und dadurch das Risiko für die Entstehung von Angststörungen oder Depressionen erhöht ist.