Mit einer guten Einstellung des Blutzuckers können Folgeschäden an Gefäßen und Nerven verringert werden. Am häufigsten sind die Beinarterien, Herzkranzgefäße, Füße, Augen und Nieren betroffen. Wir erklären dir, wie eine optimale Diabetesbehandlung mithilfe einer Ernährungsumstellung, Bewegung und Medikamenten gelingen kann.
Was ist Diabetes mellitus Typ 2?
Diabetes mellitus Typ 2 ist eine Stoffwechselerkrankung, die durch einen dauerhaft erhöhten Blutzuckerwert gekennzeichnet ist. Umgangssprachlich wird Diabetes mellitus Typ 2 als “Zuckerkrankheit” bezeichnet.
Der Körper kann Zucker nicht mehr richtig aus dem Blut in die Körperzellen aufnehmen, wodurch der Blutzuckerspiegel ansteigt. Als begünstigende Auslöser gelten eine ungesunde Ernährung, Übergewicht, Bewegungsmangel und Rauchen.
Von Diabetes mellitus wird gesprochen, wenn der Nüchternblutzucker über 126 Milligramm (mg) pro Deziliter (dl) oder über 7 Millimol (mmol) pro Liter (l) liegt. Auch Werte über 200 mg/dl (11,1 mmol/l), die zu verschiedenen, zufällig gewählten Zeitpunkten gemessen wurden, weisen auf Diabetes mellitus hin.
Bedeutsam ist auch ein Langzeit-Wert: Der HbA1c-Wert gibt Aufschluss über den Blutzuckerspiegel der vergangenen zwei bis drei Monate. Er ist bei Menschen mit Diabetes mellitus größer oder gleich 6,5 Prozent (48 mmol/l).
Diabetes mellitus Typ 2 kommt relativ häufig vor. In Deutschland sind bis zu 8,5 Millionen Menschen betroffen. Jedes Jahr erkranken etwa 500.000 Patient:innen neu an Diabetes mellitus Typ 2. Auch weltweit leiden immer mehr Menschen an der Zuckerkrankheit und ihren Folgen.
Ab 50 Jahren ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken, die meisten Patient:innen sind zwischen 75 und 85 Jahren alt. Daher wird auch oft von “Altersdiabetes” gesprochen. Diese Bezeichnung ist aber nicht korrekt, da auch zunehmend jüngere Menschen betroffen sind, vor allem wegen eines ungünstigen Lebensstils. Männer erkranken häufiger an Typ-2-Diabetes als Frauen.
Diabetes mellitus Typ 2: Ursachen, Auslöser und Risikofaktoren
Die Ursachen für Diabetes mellitus sind eine Kombination aus genetischer Veranlagung und ungünstigen Faktoren. Ein ungesunder Lebensstil mit “falscher” Ernährung und Übergewicht trägt wesentlich zur Entstehung von Diabetes Typ 2 bei.
Wenn wir Zucker (Glukose) essen, schüttet die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) das Hormon Insulin aus. Die Hauptaufgabe von Insulin ist es, den Zellen zu signalisieren, Zucker aus dem Blut in unsere Zellen aufzunehmen. Dadurch sinkt der Blutzuckerspiegel. Bei Diabetes mellitus Typ 2 reagieren die Zellen nur noch schwach auf das Hormon und benötigen immer mehr davon, um die gleiche Menge Glukose aufnehmen zu können. Medizinisch nennt sich das “Insulinresistenz”.
Eine Insulinresistenz kann mehrere Jahre lang unbemerkt bleiben. Bei Typ-2-Diabetes produziert die Bauchspeicheldrüse am Anfang der Erkrankung genug Insulin bzw. sogar mehr, aber irgendwann ist das Organ erschöpft. Die Folge: Es wird weniger Insulin gebildet und der Blutzuckerspiegel steigt dauerhaft stark an (Hyperglykämie).
Risikofaktoren:
- Eine Ernährungsweise mit zu viel Zucker, fettigen und salzigen Lebensmitteln und ballaststoffarmen Lebensmitteln
- Zu wenig Bewegung und Übergewicht
- Rauchen und Alkohol
- Bestimmte Medikamente können die Blutzucker-Stoffwechsellage verschlechtern
- (z.B. Kortisonpräparate, Antidepressiva, die Antibabypille, Blutdrucksenker)
Diabetes mellitus Typ 2: Symptome
Typ-2-Diabetes ist eine Erkrankung, die lange Zeit unbemerkt bleiben kann. Häufige Symptome, die auf einen Diabetes mellitus hinweisen können, sind:
- Starkes Durstgefühl
- Häufiges Wasserlassen
- Ungewollte Gewichtsabnahme
- Müdigkeit
- Infektanfälligkeit
- Hautinfektionen
- Sexuelle Funktionsstörung
Mit Fortschreiten der Erkrankung treten Spätfolgen durch Gefäßschäden an kleinen und großen Gefäßen und Nervenschäden an verschiedenen Organen auf.
Symptome der Spätfolgen
Spätfolgen treten z. B. an Herz und Gefäßen, den Füßen, den Nieren und der Netzhaut des Auges auf.
- Erkrankung der Netzhaut (Diabetische Retinopathie): unscharfes, verschwommenes Sehen durch die Auswirkungen des hohen Blutzuckerspiegels an der Netzhaut
- Erkrankung der Niere (Diabetische Nephropathie): Bluthochdruck, geschwollene Beine, Muskelkrämpfe, Juckreiz durch Schäden an den Nieren
- Diabetischer Fuß (Diabetisches Fußsyndrom): Kribbelnde, brennende Schmerzen, später herabgesetztes Temperatur- und Schmerzempfinden und Taubheit, Nagelpilz, Geschwüre
Diabetes mellitus: Wann zum Arzt oder zur Ärztin?
Bei Anzeichen für Diabetes mellitus wie Infektanfälligkeit (mehr als 5 Infekte pro Jahr), Wundheilungsstörung, starkes Durstgefühl mit häufigem Wasserlassen und chronischer Müdigkeit solltest du dich beim Arzt oder der Ärztin deines Vertrauens durchchecken lassen. Bei bestehendem Typ-2-Diabetes wirst du in der Regel alle drei Monate in der Arztpraxis zu Folgeuntersuchungen einbestellt.
Diabetes mellitus Typ 2: Diagnose
Die Diagnose Diabetes mellitus wird häufig bei einer Routine-Blutuntersuchung festgestellt.
Um den Verlauf der Erkrankung zu beobachten, werden neben dem Blutzuckerwert auch der Urin sowie die Nierenwerte im Blut regelmäßig untersucht. Auch die Gefäße und Nerven der Füße können bei Diabetiker:innen Schaden nehmen und werden daher regelmäßig untersucht.
- Anamnese: Einige Menschen mit Diabetes Typ 2 berichten von vermehrter Müdigkeit, erhöhter Infektanfälligkeit, schlecht heilenden Wunden oder einem starken Durstgefühl mit vermehrtem Wasserlassen.
- Laboruntersuchungen: Diabetes mellitus liegt vor, wenn der Nüchternblutzucker in mehreren Messungen über 126 mg/dl (> 7,0 mmol/l) liegt, zufällig gemessene Werte über 200 mg/dl (11,1 mmol/l) betragen oder der Langzeitzucker HbA1c 6,5 Prozent (48 mmol/l) oder mehr beträgt. Bei fortgeschrittenem Diabetes mellitus sind oftmals die Nieren mit betroffen (Diabetische Nephropathie). Zur Bestimmung der Nierenfunktion werden im Blut Kreatinin und Kalium untersucht. Mithilfe eines Teststreifens wird der Urin daher regelmäßig untersucht: Auffällig ist ein erhöhter Eiweißgehalt im Urin (Mikroalbuminurie).
- Tests: Gibt es Verletzungen oder nicht heilende Wunden an den Füßen? Sind die Fußpulse tastbar? Wie sind das Berührungsempfinden, die Temperaturwahrnehmung und das Vibrationsempfinden?
Diabetes mellitus Typ 2: Therapie
Bei Diabetes mellitus Typ 2 zielt die Behandlung darauf ab, den Blutzuckerspiegel im Alltag zu stabilisieren, um Komplikationen durch einen zu hohen oder zu niedrigen Blutzuckerwert zu vermeiden. Zunächst wird in den meisten Fällen eine Änderung des Lebensstils für einige Monate empfohlen. Kann durch die Basistherapie keine ausreichende Senkung des Blutzuckers erreicht werden, wird Betroffenen im nächsten Schritt empfohlen, zusätzlich Medikamente einzunehmen.
Schulmedizinische Behandlung
Zur Basistherapie gehört eine Gewichtsabnahme durch eine Umstellung der Ernährung und regelmäßige Bewegung. Schulungen für Patient:innen zu den Themen Ernährung, Bewegung und Raucherentwöhnung helfen dabei. Oft können die Blutzuckerwerte damit wieder in einen guten Bereich gebracht werden.
Das Ziel der Behandlung ist, den Blutzucker-Langzeitwert (HbA1c) in einen individuell festgelegten Zielbereich zu senken, um damit Folgeschäden zu vermeiden. Als Zielwert für den HbA1c werden meistens Werte zwischen 6,5 und 7,5 Prozent angestrebt.
Ernährung bei Diabetes mellitus Typ 2
Mithilfe einer Ernährungsumstellung soll eine Gewichtsabnahme und Verbesserung der Blutzuckerwerte erreicht werden. Dafür eignen sich folgende Lebensmittel:
- Vollkornprodukte (Nudeln, Reis, Brot) statt Weißmehl halten länger satt und die enthaltenen Kohlenhydrate bzw. Zuckermoleküle werden langsamer ins Blut abgegeben.
- Hülsenfrüchte, Gemüse, Obst, Kartoffeln liefern wertvolle Ballaststoffe, Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe.
- Fette: Bevorzuge ungesättigte Fettsäuren und nimm maximal 10 Prozent der Gesamttagesenergie durch gesättigte oder Trans-Fettsäuren auf. Gute Öle, die reich an ungesättigten Fettsäuren sind: Rapsöl, Leinöl, Olivenöl.
- Nimm nicht mehr als 6 Gramm Salz zu dir, das schützt vor Bluthochdruck.
- Ausreichend zuckerfreie Getränke und Tees (mindestens 1,5 Liter pro Tag) bremsen den Appetit und sind wichtig für den Kreislauf.
Medikamentöse Behandlung bei Diabetes mellitus Typ 2
Reicht die Lebensstiländerung nicht aus, um den Zuckerstoffwechsel wieder in den Griff zu bekommen, werden Medikamente in einem Stufenschema empfohlen.
Zur Behandlung des Typ-2-Diabetes stehen viele gut erprobte Medikamente zur Verfügung. Die meisten werden in Form von Tabletten (orale Antidiabetika) alleine oder in Kombination eingenommen. Einige Präparate werden unter die Haut gespritzt.
Seit 2002 gibt es die Möglichkeit, an strukturierten Behandlungsprogrammen der Krankenkassen teilzunehmen, den “Disease Management Programmen” (DMP). Sie beinhalten regelmäßige Termine in der Arztpraxis (alle drei Monate) mit Gesprächen, Blutuntersuchungen und Schulungen. Mit Ihnen soll die Versorgung von Menschen mit Diabetes mellitus strukturiert und verbessert werden.
- Stufe: Lebensstiländerung und Schulung für Diabetiker:innen: Gewichtsabnahme, Bewegung, Umstellung der Ernährung, Raucherentwöhnung
- Stufe: Behandlung mit einem Einzelwirkstoff, meist Metformin
- Stufe: Behandlung mit einem Einzelwirkstoff, meist Metformin
- Stufe: Behandlung mit Insulin, ergänzend eventuell weitere Wirkstoffe
Medikamente in Tablettenform:
- Biguanid: Erhöht die Insulinwirkung, bewirkt eine Gewichtsabnahme
- Wirkstoff: Metformin
- Sulfonylharnstoffe: Regen die Insulinfreisetzung aus den Zellen der Bauchspeicheldrüse an
- Wirkstoffe: Glibenclamid, Gliclazid, Glipizid, Glimepirid
- Glinide: Ähnliche Wirkung wie Sulfonylharnstoffe, werden meistens nicht von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet
- Wirkstoffe: Nateglinid und Repaglinid
- Gliptine (DPP-4-Hemmer; Inkretine ): Fördern die Wirkung des blutzuckersenkenden Darmhormons GLP-1
- Wirkstoffe:Saxagliptin, Sitagliptin, Vildagliptin, Linagliptin
- Gliflozine (SGLT-2-Hemmer): Steigern die Glukoseausscheidung über die Nieren
- Wirkstoffe:Dapagliflozin, Empagliflozin, Canagliflozin
Medikamente in Spritzenform
- Glutide (GLP-1-Analoga, Inkretinmimetika): Fördern die Wirkung des blutzuckersenkenden Darmhormons GLP-1
- Werden unter die Haut gespritzt.
- Wirkstoffe: Liraglutid, Exenatid
- Insulin: Reicht eine Behandlung mit Tabletten oder Glutiden nicht aus, wird zusätzlich oder ausschließlich mit Insulin behandelt. Meistens wird eine Kombination aus einem langwirksamen Insulin als Basis für den Tagesbedarf und einem schneller wirksamen Insulin verordnet.
- Normalinsulin, Insulin-Analoga, Misch-Insulin
Alternativmedizinische Behandlung
Traditionelle Chinesische Medizin (TCM): Der TCM-Lehre zufolge führen Risikofaktoren wie falsche Essgewohnheiten zu einer Schwächung von Milz und Magen. Dadurch kommt es zu Ablagerung von Feuchtigkeit und zu Übergewicht. Neben einer Ernährungsumstellung, die auf den fünf Elementen Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser basiert, zielt die Behandlung von Diabetes Typ 2 nach TCM auf die Stärkung von Milz und Magen ab.
Ayurveda: Laut der indischen Lehre Ayurveda hat sich in den Zellen der Bauchspeicheldrüse Abfall (Ama) angesammelt und die Verdauung ist geschwächt. Im Ayurveda gibt es drei Konstitutionstypen (Doshas): Vata, Pitta und Kapha. Bei der Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2 geht es wie bei anderen Erkrankungen auch um den Ausgleich von Dysbalancen zwischen diesen drei Doshas. Eine Lebensstiländerung, Kräutermedizin, Yoga und Entgiftungskuren (Panchakarma) gehören zur Ayurvedamedizin dazu.
Heilpflanzen bei Diabetes mellitus Typ 2
Einige Heilpflanzen zeigen möglicherweise positive Wirkungen auf die Erkrankung.
- Hafer (ß-Glucane stabilisieren den Blutzuckerspiegel)
- Genipin (Gardenia jasminoides )
- Capsaicin (Chili)
- Die sekundären Pflanzenstoffe Luteolin und Apigenin
- Bierhefe
- Guar
- Tee aus Heidelbeerblättern
- Tee aus Bohnenschalen